Watchmen

Kaputte Helden

Das ist der technisch und visuell beste Film seit mehr als einem Jahr. Das muss leider erst einmal so deutlich gesagt werden. Dabei wird man während des Films den Eindruck nicht los, dass Alan Moore (Autor der Vorlage) Superhelden (ähnlich wie Kollege Garth Ennis) nicht wirklich mag. Die Figuren sind einfach zu gestört, zu selbstgefällig, psychopathisch oder trottelig (in ihrer bürgerlichen Identität) wirken die Figuren. Dazu wird, mit eineinhalb Ausnahmen, nie so richtig klar, ob die Helden tatsächlich übermenschliche Kräfte haben, oder nur hochtrainierte Kämpfer mit einigen technischen Hilfsmitteln sind, denn außer Dr. Manhattan und Ozymandias macht keiner der Helden etwas, dass nicht auch in einem "normalen" Actionfilm Sinn machen würde.

Dabei ist die Heldengruppe von der Regierung (Präsident Nixon(!) in seiner dritten(!!) Amtszeit) offiziell aufgelöst worden und widmet sich mehr oder minder erfolgreich dem Privatleben (außer Rohrschach, der im Untergrund einfach weitermacht). Doch dann wird der Comedian ermordet und nach und nach werden die Helden wieder aktiv und kommen einer komplexen Verschwörung auf die Spur. Doch eigentlich geht es dem Film eher darum in einer komplexen Sammlung von Rückblenden die Charaktere und deren Beziehungen zu beleuchten, während der eigentlich Plot erschreckend lange auf der Stelle tritt.

Der Film setzt dabei auf International eher unbekannte Schauspieler, die passend für ihre Rollen ausgewählt wurden, aber nicht unbedingt Gesichtsakrobaten sind. Da fallen die teils arg seelenlosen deutschen Stimmen gleich doppelt unangenehm auf, denn zumindest die von Rohrschach und Dr. Manhattan wirken wie durch den Computer verzerrt und ihres Ausdrucks beraubt, so dass die Leistung der Schauspieler (außer für den Comedian) nicht wirklich überzeugen kann. Die wenigen Sätze im Trailer lassen leider keine wirklich Rückschlüsse auf die Qualität des Originals zu deuten aber an, dass der Film Kaputtsynchronisiert wurde.

Die Welt des Films ist so geschlossen und Stimmig, wie man es schon lange nicht mehr gesehen hat und setzt dabei auf einen altmodischen Noir-Stil, der perfekt zu diesen eher schmutzigen Helden passt. Die Welt wirkt trotz der schieren Menge an Effekten die nötig ist, um sie zu erschaffen, erschreckend echt. Da fallen die offensichtlichen Effekte (Dr. Manhattan und die große Explosion am Ende zu künstlich.

Die Action ist hervorragend choreographiert, was nicht anders zu erwarten war, und inszeniert. "Watchmen" verzichtet auf die Zeitlupenorgien eines 300 (vom gleichen Regisseur) und setzt dieses Stilmittel deutlich sparsamer und Zielsicherer ein, so dass Dynamik und Geschwindigkeit nicht verloren gehen und man trotzdem (meist) den Überblick behält. Überhaupt erinnert der Stil mit seiner starken Farbgebung, dem gekonnten Einsatz von Popmusik und der stilisierten Gewalt stark an Quentin Tarantino (vor allem Kill Bill I).

Wie kommt es dann, dass der Film trotz seiner geballten (technischen) Klasse trotzdem nicht so richtig zündet? Das liegt zum einen am dünnen und erst sehr spät Fahrt aufnehmenden Plot und zum anderen an den nicht wirklich sympathischen Charakteren. Seltsamerweise kann ich mit dem zynisch-coolen Comedien noch am ehesten etwas anfangen, aber der wird ja gleich am Anfang ermordet. Dazu versagt der Stil des Films ausgerechnet am Ende, wenn die "großen" Themen verhandelt werden. Dazu spielt die Beziehung der Helden zur Bevölkerung (wie im Trailer angedeutet) nur eine kleine Nebenrolle. Wie fast alle klassischen Helden-Comics bleibt das ganze zu sehr im Universum der Kostümierten und die Wirkung auf das normale Volk nicht wirklich spürbar.

Watchmen

Alternativen

  • 300 (6 - Visuell großartige Comic-Verfilmung)
  • The Dark Knight (8 - Die bisher beste Superheldenverfilmung)

Einzelwertung

Drehbuch: Kreis Solider Verschwörungsplot 4
Charactere: Plus Vielschichtig und Glaubwürdig Minus Kein Sympathieträger 8
Schauspiel: Plus Passende Besetzung Kreis Solide Leistung Minus Schwache deutsche Stimmen 6
Kamera: Plus Gute Bilder Plus Sehr Effektiv 8
Musik: Plus Passend und treffsicher Plus Cleverer Einsatz von Popmusik 7
Schnitt: Plus Effektiver, Zielsicherer Schnitt 6
Inszenierung Plus Audio-Visuell hervorragend Minus Mäßige Erzählung 5
Design: Plus Passendes Design von großartiger Stimmigkeit 8
Effekte: Plus Größtenteils Hervorragend Minus Dr. Manhattan und Explosion zu künstlich 6
Action: Plus Gelungene Action mit passenden Zeitlupen 7
Summe: Plus Gute Charaktere und Technik Minus Wenig Erzählung und Fehlende Identifikationsfiguren  65 
Audio-Visuell brillante Comicverfilmung die trotzdem nicht so richtig zündet. 6,5