Avatar

Bunter Holzhammer

Die Formel ist mir durchaus bekannt. Je größer ein Film ist, desto mehr Werbung wird für ihn gemacht. Avatar ist der bisher teuerste Film und hatte damit auch die aufwändigste Werbe-Kampagne die bisher gefahren wurde. Doch die schiere Menge an Wind, die um "Avatar" und dessen 3D-Technik gemacht wurde, war mir von Anfang an suspekt. Das Ergebnis ist dann wenig überraschend eher Mittelmäßig. Das erschreckenste daran ist vielleicht, dass viele Kritiker es für Anspruch halten, wenn einer mit dem großen Holzhammer auf Söldner, Umweltzerstörung und Großkonzerne einprügelt.

Die Geschichte wird ja schon komplett im zweieinhalb Minuten langen Trailer erzählt. Der verwundete Elitesoldat Jake Sully (Sam Worthington) wird nach Pandora beordert, um die Arbeit seines Bruders fortzusetzen, der die Eingeborenen überzeugen soll ihren Heimatbaum zu verlassen, weil dort ein Mega-Wertvoller Rohstoff lagert. Dabei findet er immer mehr gefallen an deren Lebensweise und wechselt schließlich die Seiten. Das ganze eskaliert natürlich zu einem Krieg. Wieso man diese Story aber auf mehr als zweieinhalb Stunden strecken muss verstehe ich nicht.

Auch die Schauspieler hinterlassen einen zwiespältigen Eindruck. Bei den Menschen sind nur Sigourney Weaver (als Wissenschaftlerin) und Stephen Lang (als Baller-Kernel) wirklich charismatisch. Sam Worthington beweist einmal mehr, dass er ein guter Schauspieler ist, aber nicht genügend Charisma für eine Hauptrolle hat. Auch bei den Na'vi (den Eingeborenen) kann nur Zoe Saldana wirklich durch die Digitalmaske überzeugen. Dass alle Figuren extrem Flach und Stereotyp sind hilft dabei auch nicht wirklich.

Die Effekte hinterlassen einen äußerst zwiespältigen Eindruck. Während die Bäume und Felsen absolut glaubwürdig sind (aber das waren sie schon in "Van Helsing") Sehen viele der Kreaturen eher nach veraltetem Billigplastik aus und fügen sich überhaupt nicht in die Umgebung ein. Die Flugviecher haben sogar die gleiche Haut wie die Vampirfledermäuse in eben erwähntem Film. Jede einzelne Welt in der "Ordder 66"-Sequenz in Star Wars - Epsiode III wirkt durchdachter als Pandora. Dazu sind schwebende Felsen schon seit 30 Jahren ein alter Hut. Überhaupt werde ich den Eindruck nicht los, dass "Avatar" eher den technischen Stand von 2004/2005 präsentiert, als den zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung.

Die Action- und Kriegs-Szenen, wenn es denn dann mal scheppert sind mit einer Ausnahme auf gewohnt hohem Niveau, wie es halt nur James Cameron kann (und vielleicht noch Michael Bay). Das dafür aber die Story unerträglich Zäh erzählt wird hätte trotzdem nicht sein müssen. Hoffentlich gibt es noch einen 100-Minuten Schnitt, der in etwa dem enspricht, was das Drehbuch tatsächlich hergibt. Die eine Szene ist natürlich der völlig lächerlich Showdown. Nachdem der Film sich eigentlich auf die brutale Logik der industriellen Kriegsführung geeinigt hatte, macht des persönliche Finale (mit einigen völlig unwahrscheinlichen Entkommensszenen) alles wieder kaputt und stammt dazu noch aus dem Handbuch "Hollywood-Showdowns für Anfänger."

Das brillante Handwerk sorgt am Ende dafür, dass der Film objektiv immer noch im soliden Mittelmaß bleibt. Subjektiv ist dieser Film allerdings unerträglich langatmig, grauenhaft Pärtentiös, unerträglich Kitschig und damit eine völlige Verschwendung von Ressourcen. James Cameron hätte stattdessen besser die Resident Evil Reihe machen sollen (und hätte uns damit auch die Leinwand-Rückkehr von Paul W.S. Anderson erspart).

Avatar

Alternativen

  • Herr der Ringe (9 - Brillanter Fantasy-Film)
  • Terminator 2 (9 - Als James Cameron noch richtige Filme machte)

Einzelwertung

Drehbuch: Kreis Solide Story Minus Langatmig und flach 5
Charaktere: Minus Billige und flache Stereotypen 4
Schauspiel: Kreis Ordentlich gespielt im Rahmen des Möglichen Minus Uncharismatischer Hauptdarsteller 5
Kamera: Plus Gute Bilder Plus Sehr Effektiv 8
Musik: Plus Passend und treffsicher Eingesetzt Minus Teils zu schwülstig 6
Schnitt: Plus Effektiver, Zielsicherer Schnitt 7
Inszenierung Plus Gute Bilder Minus Langatmig und Flach 4
Design: Plus Wirr, unzusammenhängend, unglaubwürdig und zusammengeklaut 3
Effekte: Plus Landschaften und 3D Minus Kreaturen mit Unreal Stahlglanz 5
Action: Plus Größtenteils klasse Minus Völlig hirnrissiger Showdown 7
Summe: Plus Gue Optik Minus Langatmig und Flach  54 
Schrillbunt, langatmig und kitschig rettet sich Avatar nur durch Handwerk ins Mittelmaß 5