Cloverfield

Das Monster in der Handkamera

Kaum ein Film der letzten Zeit wurde mit so einer merkwürdigen Mischung aus Geheimhaltung und im Internet entfachtem Hype vermarktet wir "Cloverfield." Das hat dem Film viel Aufmerksamkeit beschert, aber gerade dann ist immer die Frage, wie viel wirklich dahinter steckt. Die Antwort fällt, wie so oft, eher zwiespältig aus. Denn auf der einen Seite ist der Film Atmosphärisch durchaus gelungen, aber die Fiktion dahinter ist durchaus fragwürdig. Eigentlich soll es sich dabei um die Aufzeichnungen einer (Video-) Handkamera handeln, aber die Bewegungen der Kamera sind zu sauber und der Schnitt ist viel zu perfekt, so dass die bewussten Amateur-Elemente (ab und zu verreißen oder Zoomen) eher aufgesetzt wirken. Das Band und den Akku, die neunzig Minuten durchhalten will ich auch haben.

Die Geschichte ist denkbar einfach. Ein junger Mann hat einen Job in Japan angenommen und seine Kumpels organisieren eine Abschiedparty, bevor es auf den weiten Weg geht. Doch dann fällt der Strom aus und wenige Minuten später fliegt der Kamera der abgetrennte Kopf der Freiheitsstatue vor die Linse. Ein riesiges Monster randlaliert durch die Straßen New Yorks und das Militär, versucht das Monster zu stoppen und versucht, anders als etwa in "Aliens vs. Predator 2," die Menschen zu evakuieren, aber dann muss einer der Männer noch seine Freundin retten.

Der Film setzt bei den Darstellern auf (international) eher mäßig bekannte Darsteller, die ihr Geld Hauptsächlich in Fernsehserien verdienen. Das sorgt dafür, dass man keinen schon allzu oft gesehen hat und alle gut auf ihre Figuren passen, die sie durchaus gut spielen. Das Problem ist eher, dass ein großer Teil der Figuren nicht wirklich sympathisch ist, so dass einen deren Schicksal nicht so intensiv mitnimmt, wie es (trotz subjektiver Kamera) sein könnte. Dazu gibt es noch ein wenig Schmalz der Sorte: "Wir lassen dich nicht zurück," der in Katastrophenfilmen schon lange nervt.

Die Kamera ist für eine (Video-) Handkamera meistens viel zu ruhig, wohl um zu vermeiden, dass es dem Publikum vollständig schwindelig wird. Tatsächlich sind im Film durchaus einige Kamerafahrten in atemberaubend perfekten Bögen, die man zu Fuß definitiv nicht hinbekommt. Auch fängt die Kamera immer das relevante Geschehen ein. Das erfordert sehr viel Übung, besonders wenn er Mann hinter der Kamera massiv unter Druck steht. Außerdem sind die Bilder viel zu gut beleuchtet und arrangiert. Der zweite wichtige Grund für die relativ geringe Bewegung der Kamera dürften die Teils recht aufwändigen Effekte sein, die bei ruhiger Kamera deutlich einfacher und günstiger sind, als bei tatsächlich verwackelter Handkamera.

Trotz all der kleinen Macken und der eher unglaubwürdigen Fiktion, ist "Cloverfield" ein solider Katastrophenfilm, bei dem es genau genommen mal wieder um den guten alten Godzilla geht. Die Atmosphäre, die Effekte (und ab dem Stromausfall) die Spannung stimmen durchaus. Der Film hinterlässt so ein zwiespältiges Gefühl, auf der einen Seite durchaus gelungen zu sein, auf der anderen Seite aber nicht wirklich glaubwürdig zu sein. Der Schwächste Effekt ist dann auch das gesamte Bild des Monsters gegen Ende.

Cloverfield

Alternativen

  • keine

Einzelwertung

Drehbuch: Plus Gelungenes Grundkonzept Minus Teils zu viele Stereotypen 4
Charaktere: Plus Glaubwürdig Minus Nicht wirklich Sympathisch 6
Schauspiel: Plus Glaubwürdige Darstellung der Charaktere 7
Kamera: Plus Gute Bilder Minus Als Amateur-Handkamera vällig unglaubwürdig 6
Musik: Kreis Konzeptbedingt fast keine, aber gelungenes Sound-Design 7
Schnitt: Kreis Konzeptbedingt wenige Schnitte, die aber (zu) gut passen 6
Inszenierung Plus Dichte Atmosphäre Minus Amateur-Kamera-Fiktion unglaubwürdig 6
Design: Plus Unauffällig passend 7
Effekte: Plus Größtenteils sehr gut Minus Komplettbild des Monsters ist Murks 6
Action: Plus Kämpfe gegen das Monster kommen immer wieder am Rande vor 6
Summe: Plus Atmosphärischer Godzilla aus ungewöhnlicher Perspektive  61 
Atmosphärisch dichtes Stilexperiment mit Schwächen im Detail 6