Die Ilias ist ein langes und komplexes Werk, dass sich nur im Stile von "Rückkehr des Königs" einigermaßen in Film umsetzen lässt. Das war dann auch meine Erwartungshaltung an den Film, sie jedoch hoffnungslos Enttäuscht wird. Wolfgang Peterson behauptet, dass er eher den historischen Kern der Sage auf die Leinwand bringen will, aber spätestens mit der riesigen Flotte zeigt er, dass ihm die visuelle Wucht doch wichtiger ist, als die Historie.
Ausgerechnet Brad Pitt als Achilles zu besetzen, "der nur aus Lust am Kampfe und Kriege mitkam ... und dessen Wildheit und Grausamkeit selbst der eigenen Seite Angst machte," (1) wirkt etwas befremdlich. Die Rolle wird dann auch ganz auf den Darsteller zugeschnitten, der eher zu einem sanftmütigen Mann wird, der eigentlich nicht kämpfen will, sich aber über seinen Ruhm für die Ewigkeit entscheidet, der ihm Prophezeit wird, und trotzdem mitzieht. Ganz lassen kann auch der Film es nicht mit der Magie. Cassandra kommt allerdings gar nicht vor.
Überhaupt wirkt die Besetzung oft wenig zielgenau. Eric Bana als Hector, dessen Filmfrau und Sean Bean (Boromir) als Odysseus gelingt als als einzige ihre Rollen wirklich auszuf¨llen. Orlando Bloom als Paris und die gefangene Priesterin gehen noch irgendwie, aber die restlichen Charaktere passen nicht. Aus den stolzen und majästischen Königen der Griechen in der Vorlage (Agamennon ist auch dort ein eher unangenehmer Typ) werden arrogante Nervensägen. Besonders deutlich wird das bei Brad Pitt. Statt ihn zu Achilles zu machen, wird der Held zu einer typischen Figur des Stars, die kaum von dessen ¨blichen Rollen abweicht. Aich Diana Krüger als Helena wirkt eher deplatziert.
Der Streit zwischen Hektor und Paris über die Entführung der Helena eine der besten Szenen des Films ist, führt der Film den Anspruch historisch sein zu wollen gleich mit dem Auftauchen der griechischen Flotte und der größe der Armeen ad absurdum. Ich persönlich halte etwas ein zehntel der Angeblichen 50.000 Griechen für die Grenze des zu jener Zeit möglichen und selbst das ist wohl noch zu großzügig. (Historiker können mir hier gerne widersprechen.) Ebenfalls unangenehm fällt die Gesichtslosigkeit aller "historischer" Orte aus. Troja hat mit dem Stil der ausgegrabenen Stadt genauso wenig zu tun, wie die Festung von Agmennon, mit deren noch existierenden Ruinen. Dazu wirken die Stäste und Festungen ebenso wie die Armeen völlig überdimensioniert für ihre Zeit.
Ist das erobern eines etwas außerhalb der Stadt liegenden Tempels noch eine ganz ordentliche Actionsequenz, so fällt Wolfang Peterson bei der großen Feldschlacht nicht mehr ein, als zwei lange und gesichtslose Linien aufeinander prallen zu lassen und dann auf gepflegt hektische Halbnahaufnahmen aus dem Standardkatalog für Actionsequenzen zurückzugreifen. Auch die völlige Einheitlichkeit und Gesichtslosigkeit der Armeen stört. Wo sind die Standarten? Die Anführer? Die Aufteilung der Armee in verschiedene Einheiten? Ich werde den Eindruck nicht los, dass dies eher als Anspielung auf die (nicht mehr ganz) moderne industrielle Kriegsführung sein sollte, aber auch das gelingt nicht wirklich. Danach wird viel über die Götter und die Welt philosophiert, aber auf keinem besonders überzeugendem Niveau, so dass sich dieser Teil ziemlich unangenehm in die länge zieht.
Das einzige echte Highlight im zweiten Teil des Films ist das Duell zwischen Hektor und Achilles. Danach geht es leider wieder bergab. Besonders dass der König von Troja in der Lage sein soll in dem kargen Land zwischen der Stadt und dem Lager der Griechen versteckte Wege zu finden, um die Leiche seines Sohnes zu bekommen, wirkt wenig glaubwürdig. Der letzte Teil des Films, in welchem das berühmte Pferd in die Stadt gebracht und selbige gestürmt wird, ist dann wieder einer der besseren Teile des Films. Allerdings ist auch das historisch ziemlicher Blödsinn. Wahrscheinlich war das trojanische Pferd in Wirklichkeit eine spezielle Sturmramme, welche den unteren, von einem Erdwall hinterfütterten, aber aufgrund einer Steigung relativ leicht zu erklimmenden Teil der Mauer, ausparte und diese darüber gebrochen hat. (1)
Am Ende bleibt ein Film, der zwar keine größeren Fehler macht, aber eben auch keine wirklich herausragende Qualität bietet. Wolfgang Peterson liefert am Ende nicht mehr und nicht weniger als solides, aber biederes, Handwerk. Leider bleibt er sowohl von der Klasse früherer Filme wie "Das Boot," als auch von der Genialität eines Peter Jackson ("Die Rückkehr des Königs") Meilenweit entfernt.
(1) vgl. Peter Conolly: Die Welt des Odysseus.
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