Miami Vice

In der Nacht

Ich kenne die Original-Serie "Miami Vice" nicht, aber Micheal Mann als Regisseur von Filmen wie "Collateral" oder "Heat." Somit standen die Zeichen für die Kinoadaption der klassischen 80er Fernsehserie, deren kreativer Kopf er war, eigentlich sehr gut. Doch trotz eines im großen und ganzen intensiven und packenden Kinoerlebnisses, bleibt ein das Gefühl zurück, dass sowohl erzählerisch, als auch bei der Charakterzeichnung deutlich mehr möglich gewesen wäre. Das führt zu der (leider) bei Sommer-Blockbustern üblichen kurzen Gedächtnishalbwertszeit durch eine gewisse Oberflächlichkeit, die besonders in diesem Fall leicht zu vermeiden gewesen wäre.

Sonny Crockett und Rico Tubbs, die beiden Partner von der Polizei in Miami arbeiten Undercover, und das Leihweise für das FBI, um einen Verräter in den eigenen Reihen zu finden und einen Drogenboss dingfest zu machen. Dabei fängt Sonny auch noch eine problematische Affäre mit der "Frau neben dem Thron" Isabella an. Fortan geben sie sich als Drogenhändler bzw. Logistiker aus und versuchen in die Organisation einzudringen, aber die ist natürlich auf Maulwürfe vorbereitet...

Alle Charaktere sind bis in die Nebenrollen hinein gut und passend besetzt, aber die Leistung der Schauspieler ist trotzdem nur solide. Während Jamie Foxx und Gong Li besonders überzeugen können, wirkt Colin Farrel zwar als Liebhaber glaubwürdig, aber ganz nimmt man ihm den abgebrühten Polizisten nicht ab. Dazu müssen sich die Drei und ihre Gegenspieler in einem recht dünnen und geradlinigen Plot gegeneinander antreten, der sich zwischen mehrere Genre-Stühle setzt, aber niemanden so richtig bedient. Für einen Actionfilm gibt es schlicht zu wenig Action, für einen Thriller ist der Plot zu trivial und für ein Drama fehlt die Tiefe. Zusätzlich verschwendet die erste Hälfte des Films viel Zeit, in der erzählerisch und menschlich einfach zu wenig passiert, und welche dann am Ende äußerst Plotfeindlich eingespart wird.

Auf der Habenseite kann der Film seine dichte Atmosphäre verbuchen, die durch finstere Bilder erzeugt wird, die trotz vieler Nachtszenen und meist wenig freundlicher Tage und Sets nie eintönig werden. Ein weitere zentraler Faktor für die Dichte der Inszenierung ist die brillante Musikauswahl und Tonmischung. Die wenigen Actionszenen die es dann doch noch gibt sind wenigstens intensiv, schnell und gut in Szene gesetzt. Andererseits ist es für mich völlig unverständlich, dass es in einem Film, in welchem die Kamera Autos und Schnellboote so umschmeichelt, wie hier, nicht einmal eine echte Verfolgungsjagd gibt.

Die Schießerei während des Showdowns pendelt zwischen brillanten Elementen und Hollywood-typischem unübersichtlichem Gehacke, statt in einen John Woo-typischen Fluss zu verfallen. Einmal mehr wäre hier mehr möglich gewesen. Das gilt natürlich erst recht für das dünne Drehbuch mit seinem arg unbefriedigenden offenen Ende, welches die größte Schwäche des Films ist, der eher wie der Pilot einer neuen Serie wirkt, als ein geschlossenes Werk darzustellen. Eine straffere Inszenierung in der ersten Hälfte, und ein richtiges Ende hätten sicherlich zu einem besseren Film geführt.

Miami Vice

Alternative

  • Collateral (8 - intensiver und besser geschrieben)

Einzelwertung

Drehbuch: Plus Intensiv erzählt Minus Zu wenig Plot 5
Charactere: Plus Solide Charaktere mit nachvollziehbarer Persönlichkeit 5
Schauspiel: Plus Jamie Foxx und Gong Li KreisColin Farrel Kreis Ansonsten solide 5
Kamera: Plus Effektive Kameraführung Plus Einige unnötige Spielereien 6
Musik: Plus Passend und gut ausgesucht Plus Billante Tonmischung 5
Schnitt: Plus Einige geniale Montagen Kreis Meist solider Schnitt Minus Längen 7
Inszenierung: Plus Atmosphärisch und intensiv Plus Teils zu langatmig 6
Design: Plus Passend und mit Stil 8
Effekte: Plus Keine erkennbaren (Digital-) Effekte 7
Action: Plus Intensiv und packend Minus Teils etwas unübersichtlich 7
Summe: Plus Atmosphärische Dichte Minus Dünner Plot 61
Brillant inszenierter Film, der am dünnen Drehbuch leidet 6