The Departed

Doppelte Identitäten

Wenn in Hollywood Remakes gute Filme aus anderen Länderen gemacht werden ist erst einmal Vorsicht geboten und in den meisten Fällen der Griff zum Original empfehlenswert. "The Departed" basiert auf einem Hong-Kong-Original, dass ich nicht kenne, soll aber ausser der grundsätzlichen Geschichte nicht viel übernommen haben, da sich Altmeister Martin Scorscese diese zu eigen gemacht hat. Dazu hat er das ganze in das Einwanderer und Gang-Milieu von Boston versetzt und liefert den gerade mal zweiten empfehlenswerten Film in diesem Jahr.

Gangsterboss Frank Costello (Jack Nicholson) zieht den Jungen Colin Sullivan (Matt Damon) auf und bringt ihn durch die Polizeischule, um einen Informanen bei seinen Gegnern zu haben. Während der Karriere macht, wird ein ebenfalls aus dieser (von Frank Costello beherrschten) Gegend stammender Polizist (Leonardo DiCaprio) bei dessen Organisation eingeschleust, um Costello endlich dingfest zu machen. Beiden gelingt es das Vertauen ihrer jeweiligen Organisation zu bekommen, doch beide stellen fest, dass es auf der anderen Seite einen Verräter gibt und versuchen sich gegenseitig zu enttarnen, um selbst nicht aufzufliegen. Zusätzlich haben beide noch Probleme mit ihrem Doppelleben und verlieben sich in die gleiche Frau...

Die Leistung der Schauspieler ist hervorragend und wird noch dadurch unterstüzt, dass auch den Nebenfiguren genügend Raum gelassen wird, um eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Einen einzelnen Darsteller herauszuheben würder der Leistung der geamten Besetzung nicht gerecht werden. Rollengemäß wirkt Leonardo DiCaprio (der das jungenhafte mittlerweile abgelegt hat) natürlich sympathischer als Matt Damon und Jack Nicholson ist (mal wieder) wunderbar diabolisch. Dazu ist der Film bis in die Nebenrollen hochkarätig besetzt.

Auch wenn die Einführung etwas lang wirkt, sind die dort vermittelten Informationen wichtig, um den Rest der Geschichte zu verstehen, die mit der Zeit immer intensiver und spannender wird. Damit ist "The Departed" der erste Überlange Film in diesem Jahr, der die Zeit wirklich füllt und dazu ein Musterbeispiel gelungener Dramaturgie. Es gelingt dazu auch Elemente von Thriller, Drama und etwas Action so perfekt zu mischen, als hätten sie schon immer zusammengehört. Die wenigen Actionszenen sind packend schnell, hart und fügen sich perfekt in den Film ein.

Lediglich die sehr präzise Kamera hätte gleichteitig bessere Bilder liefern können, da von der Fotographie wenig im Gedächtnis bleibt, was aber auch an dem größtenteils recht schmuddeligen Szenario liegen mag. Die wenigen Songs der hervorragend ausgewählten und komponierten Musik, die eine Mischung aus Punk und irischem Folk liefern gehen so sehr in die Beine, dass man eigentlich wild moschend dorch das Kino pogen müsste, statt still sitzen zu bleiben, was wohl nicht wirklich beabsichtigt war.

Mit guter erzählung, (fast) perfekter Dramaturgie und einfühlsamer Charakterzeichnung bietet der Film mit einer natürlichen selbsverständlichkeit alles, das ich im Kino dieses Jahr schmerzlich vermisst habe. "The Departed" beweist einmal mehr, dass gute Erzählung und lebendige Charaktere durch nichts zu ersetzen sind, egal bei welchem Budget. Hoffentlich wird das auch Produzenten und Autoren klar, so dass sie ihre Regisseure nicht mehr mit einem schlechten Drehbuch auflaufen lassen, wie zu oft in diesem Jahr.

The Departed

Alternativen

  • Internal Affairs (? - Das Hong-Kong Original)

Einzelwertung

Drehbuch: Plus Packend erzählt Plus Gute Dramaturgie 9
Charactere: Plus Lebendige Glaubwürdige Figuren 9
Schauspiel: Plus Gutes und Effektives Schauspiel 8
Kamera: Plus Effektiv und Präzise Minus Bilder bleiben nicht im Gedächtnis 6
Musik: Plus Gute auswahl schafft Atmosphäre Minus Geht teilweise zu sehr ins Bein 8
Schnitt: Plus Effektiver, Zielsicherer Schnitt 8
Inszenierung Plus Dichte Atmosphäre Plus Einfühlsame Charakterzeichnung 8
Design: Plus Erschreckend Glaubwürdig 8
Effekte: Plus Praktisch keine erkennbaren Effekte 7
Action: Plus Schnell und hart 7
Summe: Plus Gute Erzählung Plus Differenzierte Charaktere  77 
Billant erzählter Ausnahmefilm 8