Windtalkers

John Woo's Action-Krieg

Mit (Anti-)Kriegsfilmen ist das ja immer so eine Sache, denn dem Zuschauer wirklich das Gefühl zu vermitteln mitten im Gemetzel zu sein ist in der eher angenehmen und sicheren Umgebung des Kinos (oder erst recht des eigenen Wohnzimmers) kaum möglich. Dazu wurde mit "Platoon," "Full Metal Jacket," "Hamburger Hill," und "Der Soldat James Ryan" eigentlich schon alles gesagt, oder aus einer deutlich anderen Perspektive von "Apokalypse Now." Regisseur John Woo hat sich in seiner Hong-Kong-Zeit auch schon mal des Themas angenommen (und das deutlich besser).

Hauptfigur des Filmes ist der gebrochene Soldat Joe Enders (Nicolas Cage), der einem der Navajo Code-Sprecher zu beschützen, bzw. genaugenommen den Code. Er wird u.a. deshalb für diese Aufgabe ausgewählt, weil er schon einmal gegen den Rat aller direkt beteiligten einen Befehl ausgeführt hat. Dabei hat her allerdings seine ganze Einheit verloren und ist selbst nur knapp mit dem Leben davon gekommen. Die Ausgangssituation ist typisch für John Woo, der am liebsten mit gebrochenen Helden und (melo-)dramatischen Elementen arbeitet, wenn es nicht knallt.

Allerdings passt die mittlerweile fast schon zu elegante Optik des John Woo nicht so recht zu einem Kriegsfilm, genauso wenig, wie die Neigung in "Windtalkers" harte Gewaltszenen unverschämt schönen Landschaftsbildern gegenüberzustellen. Dabei funktioniert die erste Stunde noch recht gut, wenn auch nicht auf dem Level der oben genannten Referenzfilme. Danach verliert der Film den Faden zwischen halbherziger Zeichnung der übrigen Charaktere (eigentlich soll es auch beim Zuschauer schmerzen, wenn die später sterben, aber das funktioniert nicht), Indianermystik auf peinlichem B-Movie Niveau und einigen Spannungen in der Einheit, die sich nach einer zünftigen Schlägerei sowieso wieder auflösen.

Die Szene, wo der Hauptcharacter einer Familie hilft haben die (wohl amerikanischen) Drehbuchautoren wohl nur deshalb in das Buch geschrieben, weil die Bilder der berüchtigten Massaker in Vietnam aus dem Bewusstsein der Bevölkerung zu streichen. Das letzte Drittel von "Windtalkers" ist dann eher Action als Kriegsfilm. Einer der Charaktere darf sich sogar in bester "Rambo 2"-Manier durch die Gegner metzeln und kommt mit einer Fleischwunde davon. Auch die Ästhetik erinnert hier eher an typisch John Woo Actionstoff, als an einen ernsthaften Kriegsfilm.

Ich will hier Action-Kriegsfilme wie "Rambo II" nicht verdammen, aber deren intention ist natürlich eine völlig andere, als die eines ernsthaften Kriegsfilms. Der Wechsel in der Mitte ruiniert praktisch den ganzen Effekt. John Woo hat einem Interview zu diesem Film gesagt: "Wir wollen den Leuten zeigen, das Krieg einfach schrecklich ist." Genau das gelingt allerdings nur in der ersten Hälfte des Films, wo die Soldaten wirklich wahllos sterben und das ganze nicht durch die typische Eleganz ruiniert wird.

Seltsam mutet auch die hyüerreale Optik mit ihren übersättigten Farben an, die man so nicht einmal im Urlaubskatalog für Tropenreisen finden würde. Die merkwürdig blauen Nachtszenen tragen dann noch das ihre dazu bei, den Eindruck zu erwecken, als hätte dort jemand zu zu tief in den Farbtopf gegriffen. Am Ende bleibt eine durchaus interessante Stunde und ein Showdown, die jeweils für sich genommen funktionieren. Dazwischen gibt es eine Reihe verschenkter Ansätze. Insgesamt ist "Windtalkers" ein äußerst zwiespältiger Film mit massiven Qualitätsschwankungen.

Windtalkers

Alternativen

  • Der Soldat James Ryan (? - Der vielleicht beste neuere Kriegsfilm)
  • Rambo 2 (? - Die Action-Variante)

Einzelwertung

Drehbuch: Minus Keine echte Dramaturgie Minus Zuviel wird verschenkt 3
Charaktere: Plus Interessante Hauptcharaktere Minus Schwache Nebencharactere 6
Schauspiel: Plus Glaubwürdige Darsteller 6
Kamera: Plus Gute Fotographie Minus Zu Bunt MinusTeils unpassende Bilder 5
Musik: Plus Größtenteils Unauffällig passend 5
Schnitt: Plus Solider Schnitt, nichts besonderes 7
Inszenierung: Plus Erste hälfte recht gut Minus In der Mitte schwach 4
Design: Plus Bodentruppen Gut Minus Flugzeuge wirken unpassend 6
Effekte: Plus Am Boden Gut Minus Die Flugzeuge wirken zu künstlich 6
Action: Kreis Am Anfang richtig, am Ende zu heroisch 5
Summe: Plus Ordentliche erste Stunde Minus Mangelnde Konsequenz 48
Zwiespältiger Kriegsfilm mit zu viel Actionkino 5